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Und andere Tiere
Sechs Windräder äsen im Sommergras,
spitzen die silbernen Flügel,
schlagen mit langen Ohren Sturm,
wittern die Jagd und die Zügel.
Und
weit und breit
kein Wald
in Sicht,
nur hellgesprenkelte Hänge.
Wo werden sie abends ruhen?
Arithmetik
im oberen drittel des fensters
knapp unter den wolken
folgt ein vogel seinem kurs
zieht brüche am glas
dividiert den himmel durch zwei
nimm mich mit kapitän auf die reise
es kann auch ein storch
oder ein kranich gewesen sein
ein geier dem tierpark entflogen
muss später von mir
gefüttert werden
Stigma
Da unten
am Teich
hängt ein alter Kahn,
krumm in versunkenen Weiden,
leckgeschlagen, mit Moos
verbunden die Wunden, sonst bloß,
und schwarze Blätter
an einem Ast.
Enten ziehen enge Kreise,
grüne Wasser
schaukeln waagrecht
im Lot,
die Aufschrift am Plastik-
kübel ist rot:
Krautbauers Sauerkraut,
und er dreht sich ganz leise.
Alles ist
ruhig
auf meiner Haut,
keine Wimper zuckt.
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Stadtrand
erzähl mir von heckenvögeln die wie
nichts loslegen vom schweren ton
der kolben vom grün das grau
gesprenkelt pinkelt und blassblau
grüßt der erste flug nach frankfurt
ich sitz zu haus
erzähl mir von den großen märkten
die neue brunnen sparsam sponsern
steht der tropfen höhlt den stein
gehörig aus und köpfe voller waren
tauchen auf und unter
erzähl mir von den vollen kurven
durch die pralle busse schlittern
räder fliegen mit und menschen
driften seitwärts rückwärts stadtwärts
weg im gegenzug trag ich deine
alten lieder auf: der maler malt
der müller müllt der fleischer
fleischt der tischler tischt der bauer
baut der bäcker bäckt am morgen
warmes duftendes licht |
Rezensionen |
Zu dieser Neuerscheinung im Jahr 2005
schrieb Anton Thuswaldner in seiner Rubrik
„Sechs beste Bücher“ in den „Salzburger
Nachrichten“:
Talentierte Labyrinthe
Margarita Fuchs
Literarische Anspielungen versteckt die Salzburger Autorin
Margarita Fuchs gar nicht klammheimlich. Wenn sie ein Gedicht „die
schöne stadt“ nennt, stellt sie einen Bezug zu
Georg Trakl her. Sie misst sich nicht kraftmeiernd mit ihm.
Wo bei Trakl „alte Plätze sonnig schweigen“,
trifft sie auf ein Touristenzentrum, wo „freudig und
sogar sonnig“ sich Menschen eine Stadt zu eigen machen.
Die Gedichte von Fuchs weisen einen Schmerzpunkt auf, der
das Schreiben erst zu einer Notwendigkeit macht (Edition
Garamond).
Salzburger Nachrichten, Sechs beste Bücher, 15. Oktober
2005
Gedichte an Zweigen
„Talentierte Labyrinthe“ hat die Salzburger Schriftstellerin
Margarita Fuchs ihren ersten Lyrikband genannt. Direkt und
enttarnend, sensibel und gefühlvoll und niemals in Patitüden
verfallend, nähert sie sich darin den großen Themen
Familie und Liebe, Leben und Natur, Vergänglichkeit
und Tod an. „Gedichte hängen an Zweigen von Bäumen,
liegen auf Straßen und Wiesen, stapeln sich in Supermärkten,
manche verstecken sich im Kühlschrank, sitzen neben
mir auf der Küchenbank und fahren im Auto mit mir, andere
stören meinen Schlaf, wollen gefüttert werden oder
fallen gleich vom Himmel: glasklares, schlackenloses Glück.“
Margarita Fuchs ist eine pointierte Sprachbildmalerin. Sie
malt in
Viridingrün, Himbeerrot und Blauvogelblau, in Purpurweiß und
Tuschschwarz – aber niemals nur Schwarzweiß:
die Frauen- und Männerbilder, die sie in ihren Gedichten
entwirft, sind vielseitig, gleichermaßen von Seufzern
wie von einem Augenzwinkern begleitet. Und wenn einem ab
und an das
Lächeln nach der letzten Zeile gefroren ist, hat uns
die Dichterin dort, wo uns alle Dichter gerne hätten:
mittendrinnen.
Apropos. Straßenzeitung für Salzburg, Juli 2005
Mit der breiten Farbpalette menschlicher Empfindung,
Beobachtung und Erfahrung präzise gemalter Einzelsituationen.
(DL) Bunt wie das Leben, farbenfroh wie ein Garten im Wechsel
der Jahreszeiten, wie ein Mosaik aus Augenblicken gleiten
klar konturiert eingefangene Situationen, Beobachtungen,
Erinnerungen, Vor- und Nach-Gedanken durch den Raster Terra
di Siena, Viridingrün, Himbeerrot, Blauvogelblau, Chartreusegelb,
Graurubin bis zu Tuschschwarz, Purpurweiß, Austergrau
und Vermillion. Ein unbestechlicher Blick für das Wesentliche,
präzise Formulierungen und spitze Nadelstiche in die
Luftblasen des Pathos zeichnen die unterschiedlich langen
lyrischen Momentaufnahmen aus.
In variationsreicher sprachlicher Ausformung wird dem Unspektakulären
Geheimnis um Geheimnis entlockt, das Große im Kleinen nicht ver-, sondern
entschlüsselt unter die literarische Lupe genommen. So entsteht eine Landkarte
des scheinbar Alltäglichen, deren einzelne Bereiche spotartig im Brennglas
pointierter Benennung ausgeleuchtet werden. Das klingt ganz und gar nicht „ungezügelt“,
wie der Untertitel glauben machen würde, sondern ist an die Kandare genommene
Sprach- und Gedankenakrobatik, die zusammen mit assoziativen An-Klängen
die Farbpalette menschlichen Empfindens und Erlebens zum Leuchten bringt. Nicht
nur für LiebhaberInnen moderner Lyrik sehr empfehlenswert.
Christiana Ulz
bn.bibliotheksnachrichten 3/2005
Die Bücher von Margarita Fuchs:
Das
große Fest von Portobuffolé
Ich
träumte weiß |