Rezensionen |
In dem umfangreichen Werk versucht
Balluch, über die Frage nach dem Bewusstsein zu
reflektieren, ohne dabei die Mensch-Tier-Grenze zu
reproduzieren. Dabei liegt dem Buch eine Mischung aus
logischer, empirischer und persönlicher Argumentation
zu Grunde, die unterschiedlich überzeugend ausfallen.
Vor allem der logische Teil – anfangs dominierend – ist
schwer zugänglich. Das gilt insbesondere dann,
wenn grundsätzlich bezweifelt wird, ob Bewusstsein
durch logische Gleichungen „belegt" werden
kann, die immer wiederholt werden.
Interessanter hingegen sind die von Balluch vorgetragenen
Ergebnisse neurobiologischer Forschungen, wobei er witzigerweise
erst zum Abschluss des Kapitels aufklärt, dass die
erwähnten „PatientInnen" sich aus menschlichen
und nichtmenschlichen Individuen zusammensetzen. Ähnlich
gelungen und kenntnisreich greift er in nachfolgenden
Abschnitten die Zweiteilung „Mensch – Tier" an
und rüttelt dabei auch an der scheinbar eindeutigen
Definition der menschlichen Art.
Neben vielen spannenden Verweisen auf Kultur- und Bewusstseins-„Leistungen" nichtmenschlicher
Tiere bringt Balluch auch persönliche Erfahrungen
ein, womit er sich wohltuend von „reiner" Wissenschaftlichkeit
abhebt. Kritisch anzumerken ist allerdings, dass die
geschilderten Beobachtungen an Hunden teils verklären,
welches reales Machtgefälle zwischen Menschen und
ihren tierlichen BegleiterInnen liegt.
Positiv fällt auf, dass Balluch sich deutlich dagegen
wendet, die Autonomie von jenen menschlichen wie nichtmenschlichen
Individuen in Frage zu stellen, die – aus welchen
Gründen auch immer, z. B. schwersten Gehirnverletzungen – nicht
der Setzung von umfassender Rationalität oder Selbstbewusstsein
entsprechen. Wir sollten immer davon ausgehen, dass Lebewesen
einen bestimmten Grad an Bewusstheit haben, sofern das
nicht 100%ig auszuschließen sei – ein wichtiges
Fazit.
Aus: Befreiung hört nicht beim Menschen auf!
Perspektiven aus der
Tierbefreiungsbewegung, herausgegeben von der Berliner
TierrechtsAktion (BerTA), Verlag
SeitenHieb, Reiskirchen 2007, ISBN 978-3-86747-018-6.
„Dieses Buch handelt von einem der
großen gesellschaftlichen Konflikte in unserer heutigen
Gesellschaft, nämlich dem Umgang der Menschen mit
den Tieren bzw. dem Mensch-Tier-Verhältnis. Unter
Einbeziehung der neuesten Ergebnisse aus der Neurobiologie,
Ethologie, Evolutionsbiologie, aber auch der mathematischen
Physik wird Bewusstsein als ein reales, wissenschaftlich
fassbares Phänomen beschrieben, das eine evolutionäre
Kontinuität zwischen Mensch und Tier zeigt. Nach
dieser Analyse gibt es keinen wesentlichen, qualitativen
Unterschied zwischen menschlichem und tierlichem Bewusstsein.
Die in der Gesellschaft weit verbreitete Ansicht einer
großen Kluft zwischen Menschen und anderen Tieren
erweist sich als soziales Konstrukt, eine Folge des Menschenbildes
der Aufklärung, das zwar zur Gleichberechtigung unter
den Menschen geführt hat, allerdings auf Kosten einer
Abgrenzung und Minderbewertung der anderen Tiere. Aus
dieser ,kopernikanischen Wende` in der Biologie müsse
eine komplette Neubewertung der Rolle von Tieren in der
Gesellschaft folgen: Tiere müssen TrägerInnen
von subjektiven Rechten werden.“
Tierfreund Nr. 8/2005
Haben
Tiere ein Bewusstsein? Nach Meinung des Philosophen
und Tierrechtlers Martin Balluch lautet die Antwort
darauf „ja". Um dies zu beweisen, setzt
sich der Autor mit dem Thema Ethik, Tierethik und der
Definition von Bewusstsein auseinander. Das Werk ist
zugleich eine wissenschaftliche Abhandlung und hinterfragt
die Klassifikation aller Wesen in „wir Menschen" und „die
Tiere". Dass Tiere ein Bewusstsein haben, versucht
Balluch anhand wissenschaftlicher Kriterien nachzuweisen.
In 16 Kapiteln legt er die unterschiedlichen Aspekte
des Tierrechtsgedankens dar. Er erkennt, dass nur eine
vegane Lebensweise den Respekt gegenüber dem Leben,
der Freiheit und der Unversehrtheit aller bewussten
Wesen garantiert. Dieses Buch ist nicht nur ein Plädoyer
für Tierrechte auf der Basis wissenschaftlicher
Argumentation, sondern hält vor Augen, wie sorglos
und unreflektiert Menschen mit Lebewesen umgehen. Vegetarier
und Veganer werden ihren ethischen Standpunkt hierdurch
bestätigt sehen.
Vegetarisch fit! September 2005
Das Problem bei Tierrechtsbüchern
ist dasselbe wie allen engagierten Werken: Wie erreicht
man die jenigen, die man ansprechen und für seine
Gedanken gewinnen möchte? Nur den bereits „Bekehrten
zu predigen" ist nicht abendfüllend und nicht
zielführend. Man muss das Interesse der vielen
anderen wecken.
Das gelingt Martin Balluch zum Großteil recht
gut, er wendet sich an die Skeptischen, und bei ihnen
besonders an die naturwissenschaftlich Orientierten.
Diese stehen ihm gedanklich nahe, er war in seinem „ersten
Leben" ein vielversprechender Mathematiker und
Physiker, arbeitete in Heidelberg und in Cambridge.
Systematisch wie er ist, beginnt er wirklich ganz am
Anfang, beim Urknall, und diskutiert ausführlich
und kenntnisreich, ob die Welt determiniert ist, ob
Menschen biologische Maschinen sind, wie es um die
Freiheit des freien Willen und das Bewusstsein im physikalischen
Weltbild steht, wie das Phänomen Bewusstsein beschaffen
ist, wie man es erkennen kann und wer darüber
verfügt. Mit unzähligen medizinischen, biologischen,
etiologischen und anthropologischen Studienergebnissen
belegt er, wie viel Bewusstsein bei nichtmenschlichen
Lebewesen nachgewiesen werden konnte und wie wenig
es sich vom menschlichen unterscheidet. Viele nichtmenschliche
Tiere können sich nicht nur in ihrer eigenen Sprache,
sondern sogar in einer menschlichen (meistens Englisch)
ausdrücken. Offenbar ist die angeblich tiefe Kluft
zwischen Mensch und „Tier" sozial konstruiert.
Mit einer umfassenden Darstellung des zutiefst verwurzelten
Speziesismus geht der Autor dann an die Dekonstruktion
des Menschbegriffs. Von dieser Willkürlichkeit
in der Bewertung und der deutlichen Kontinuität
des Bewusstseins leitet er logisch seine Forderung
nach Tierrechten ab.
Dass diese Gedanken nicht neu sind, sich aber nur zögernd
durchsetzen, zeigt er in einem Überblick über
die Tierrechtsbewegung seit dem 18. Jahrhundert. Dabei
lässt sich nicht übersehen, dass seine Sicht
eine dezidiert naturwissenschaftliche ist und gesamtgesellschaftliche
Kräfte und Prozesse darin keine Rolle spielen.
Er übergeht auch alle AutorInnen, wie z. B. Donna
Haraway, Barbara Noske, Carol J. Adams oder Ted Benton,
die sich mit Perspektiven über die Konzeption
des reinen Tier„rechts" hinaus beschäftigen
und an feministische und sozialistische Vorstellungen
anknüpfen.
Seine Gedanken werden bei Außenstehenden und
anderen NaturwissenschaftlerInnen wahrscheinlich durchaus
greifen. Sozial- und geisteswissenschaftlich orientierte
LeserInnen vermissen allerdings einen kritischeren
Umgang mit Begriffen wie „objektive Wahrheit" oder „freier
Wille" und können seinen gewagten logischen
Ableitungen und seiner recht formalen Auffassung von
Politik und Demokratie weniger abgewinnen. Aber auch
dieser Autor, mit seinem geradezu gläubigen Vertrauen
in die „Wissenschaft" und die von ihr produzierte „Wissenschaftlichkeit" bringt
das Persönliche ein und berichtet in einem Exkurs über
seine beglückende Freundschaft mit dem vegetarischen
Hund Max oder baut seine Vision einer veganen Gesellschaft
nicht zuletzt auf seiner eigenen robusten Gesundheit
auf.
Insgesamt ist diese – zweite – Dissertation
des engagierten Wiener Tierrechtlers Martin Balluch
eine ambitionierte, kenntnisreiche Arbeit, die nicht
den Diskurs innerhalb der Bewegung weiterführt,
sondern einen bestimmten Argumentationsstrang, die
Kontinuität von Bewusstsein und den daraus erwachsenden
Anspruch auf Rechte, vertieft.
Roman Goldberg in der „Tierbefreiung" Nr.
48, September 2005
... In insgesamt 16 Kapiteln geht Martin Balluch auf
das gesamte Spektrum der Tierrechtsdiskussion ein.
Er bedient sich dabei der Erkenntnisse aus der Neurobiologie,
Ethologie, Evolutionsbiologie und Physik. Weitere Schwerpunkte: „Mensch – Tier,
zwei soziale Konstrukte; Bewusstsein bei verschiedenen
Wesen; Argumente anderer; Grenzen des Bewusstseins; das
ethische Ideal." Dort, wo die Argumente oft im Abstrakten
entstehen, bleibt eine gewisse Willkür, eine Beliebigkeit
nicht aus. In der Diskussion über Tierrechte und
Tierschutz nutzt das eher deren Gegnern. Da ist es von
größtem Nutzen, wenn zum Thema „Bewusstsein
bei nichtmenschlichen Tieren" als Aspekt der Tierrechtsdiskussion
jetzt endlich ein naturwissenschaftlich rational fundiertes
Buch vorliegt.
Guido Barth in „natürlich vegetarisch",
Oktober/November/Dezember 2006
Zu den anderen Tierrechtsbüchern des Verlags Guthmann-Peterson
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