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Cover Eva Bauer: Die Jahrhundertreise, Roman, Edition Liber Libri

Roman

Emanzipatorischer Roman in und um Wien

Eva Bauer
Die Jahrhundertreise

Roman

208 Seiten, 14 x 20,5 cm
Broschur
€ 18,–/sfr 33,–
ISBN 3-85481-025-3
Leider vergriffen.

Manches ist gleich geblieben und sehr viel hat sich im zwanzigsten Jahrhundert für die Frauen einer Wiener Familie verändert – die politischen Katastrophen und emanzipatorischen Bestrebungen im wahren Leben.

Über den Roman

Der Roman schildert das Leben einer Wiener Familie im zwanzigsten Jahrhundert, vom Kind Irma in der Monarchie bis zur erwachsenen Julia im neuen Jahrtausend. Die Städte Wien und New York greifen prägend in die Lebenswelt dieser Familie ein.
Im Mittelpunkt stehen – neben den großen politischen Entwicklungen und schrecklichen Katastrophen – die Rolle der Frau, der Wandel in den Wertvorstellungen und im Lebenssinn der verschiedenen Generationen. Minutiös verfolgt die Autorin, was sich im Leben der Menschen verändert hat und was gleichgeblieben ist. Ihr Ziel ist es, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und zur Auseinandersetzung mit verschiedenen Gedankenwelten zu ermutigen – so wie Julia, der es schließlich gelingt, den Mantel des Schweigens, der ihre Familie fast ein Jahrhundert lang eingehüllt hat, zu lüften.

Leseprobe

 

Bei ihrem Vater gelang es Irma auch, die Anschaffung eines Hundes durchzusetzen, und so machten sie sich auf den Weg zum Tierschutzhaus am Khleslplatz. Der Dichter und Journalist Ignaz Franz von Castelli hatte 1846 den ersten österreichischen Tierschutzverein in Wien gegründet. Im dazugehörigen Tierschutzhaus wurden kranke und alte, verirrte und verletzte Tiere in Obhut genommen und notfalls ihr Leben lang versorgt. Es wurde in Wien ein anerkannter Brauch, sich sein Haustier aus dem Tierschutzhaus zu holen. Irma wünschte sich keinen kleinen Schmusehund, sondern einen „richtigen“, der sie auch beschützen konnte. Sie suchten einen schönen, eigenwilligen Schäferhundmischling namens Assi aus, der schon ziemlich viel erlebt haben musste. Er war hochbeiniger und vom Körperbau her etwas zarter als ein reinrassiger Schäfer, sein Fell war tiefschwarz, und sein besonderes Kennzeichen war ein Schlappohr, das er nicht einmal in höchster Erregung aufstellen konnte. Es verlieh ihm einen Anflug von Verwegenheit. Assi war nicht sehr zutraulich und ging den meisten Menschen aus dem Weg, aber für die, die „seinem Rudel“ angehörten, durchs Feuer. Wenn Irma in der Nacht ängstlich die Streitigkeiten ihrer Eltern belauschte und ihre Türe einen Spalt öffnete, leistete er ihr wie selbstverständlich Gesellschaft, ließ sich auch geduldig streicheln und kraulen und bewachte schließlich ihren Schlaf. Diese nächtlichen Zusammenkünfte blieben ihrer beider Geheimnis. Niemand kam ihnen jemals auf die Schliche, da Assi zeitgerecht seinen Platz im Vorzimmer einnahm – wohl um jeden weiteren Streit zu vermeiden. Geheimnisse teilte er allerdings mit jedem Familienmitglied. Mit Irmas Vater machte er die nächtliche Runde zum Äußerln am liebsten, ihre Lieblingsroute führte an einem tschechischen Beisl vorbei, oder eigentlich sogar hinein. Der Mensch stärkte sich mit einem Krügerl Bier oder einem Glaserl Wein, der Hund bevorzugte Leckereien aus der Küche. Beide kehrten danach hochzufrieden nach Hause zurück.
Auch mit der Herrin des Hauses pflegte Assi ein gutes Einvernehmen. Eines schönen Tages traf Irma ihre Mutter und Assi im Wohnzimmer an, wo sie einträchtig ein Packerl Mannerschnitten verzehrten. Die Mutter beugte sich liebevoll zu ihm hinunter und teilte getreulich Schnitte um Schnitte, Assi saß – ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten – zu ihren Füßen, hielt den Kopf aufmunternd schief, hatte eine Pfote auf ihr Knie gelegt und bedankte sich höflich für jeden Bissen und jede Aufmerksamkeit.
In späteren Jahren, als sich die Familie alle ein bis zwei Wochen eine Haushaltshilfe leisten konnte, schloss Assi diese freundliche, nach allen Köstlichkeiten der böhmischen Küche duftende Frau besonders ins Herz. Obwohl sie ein gutes Stück weiter draußen wohnte – im Außenbezirk Ottakring – , besuchte Assi sie gern, wenn er sich von daheim fortstehlen konnte. Zu später Stunde kehrte er freiwillig wieder zurück und saß dann mutterseelenallein geduldig vor dem Haustor, bis ein mitleidiger Mensch sich seiner erbarmte und die Hausbesorgerin herausklingelte. Nach zehn Uhr musste die Familie dann regelmäßig einen „Sperrgroschen“ für ihn zahlen ...

Foto Eva Bauer, Autorin des Verlags Liber Libri, (Romane)

Eva Bauer

Über die Autorin

Die Autorin lebt und arbeitet in Wien. Sie trat nach ihrem Studienabschluss – Theaterwissenschaft und Romanistik – in den öffentlichen Dienst ein, wo sie die Chance wahrnahm, sich in vielfältigen Berufszweigen zu erproben. Derzeit ist sie Personalchefin eines großen Non-Profit-Unternehmens. 2001 publizierte sie ihren ersten Roman „Sag mir, wo die Träume sind“ in der Edition Liber Libri.

  Am 24. Oktober 2004 fand im Österreichischen Kulturforum in New York eine Lesung mit Eva Bauer statt. 150 ZuhörerInnen nahmen an der Veranstaltung anläßlich des österreichischen Nationalfeiertags teil und tauschten anschließend eigene Erfahrungen und persönliche Erinnerungen an Wien aus.