Biographie
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Biographie und Texte der Dichterin Cata Scrobogna-Binder (1885-1966)
Cata
Scrobogna-Binder
Die Kathl-G'schicht
Herausgegeben von Wilhelm Binder
Mit einigen Abbildungen |
136 Seiten, 12,4 x 19,7 cm
Broschur
€ 10,60/sfr 18,60
ISBN 3-85481-020-2
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Über das Buch |
In diesem kleinen Band geht es um das Leben und Werk von Cata Scrobogna-Binder
(1885-1966). Ihr Weg hatte sie vom armen Bauernkind im Mühlviertel
in die gute Gesellschaft Wiens geführt, von der Romanhefte verschlingenden
Näherin zur beachteten Dichterin werden lassen. Neben ihrer Lebensgeschichte
enthält der Band auch ihre Erlebnisse als Oberschwester in der Labestation
am Wiener Westbahnhof im Ersten Weltkrieg und einen Auszug aus einem unveröffentlichten
Manuskript über das Kriegsende 1918. |
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Aus einem Brief von Wendelin Schmidt-Dengler an den Herausgeber
"... und seien Sie herzlich bedankt für das eingesendete Buch Ihrer Frau
Mutter. Ich habe es sofort gelesen. Vor allem über den Labestands-Bericht
am Wr. Westbahnhof im Ersten Weltkrieg, als Leiterin und Krankenschwester.
Hier ist wirklich ein ebenso persönliches wie für die Allgemeinheit wichtiges
Dokument aufgezeichnet und veröffentlicht worden.
Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler, Wien |
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Meine Eltern, die Wildberger-Leut, besaßen ein kleines
Haus in dem winzigen Ort Prendt bei Windhaag am Fuße des Viehbergs,
der höchsten Erhebung im oberen Mühlviertel. Das Moidhiaslhäusl
hieß es in der Umgebung. Anton Bruckner, der große Komponist,
hatte es vielleicht gekannt, lebte er doch ebenfalls in Windhaag und
entwickelte sich hier zum genialen Musiker.
Der Großvater, ein Zimmermann, hatte die Keusche vor gut einhundert
Jahren erbaut. Von den Feldern und Wiesen des nahegelegenen Viehbergs
wird er die Steine hergeschleppt, die Mauern aufgeschichtet und das
Dach mit Strohballen gedeckt haben, die er mit schweren Steinen noch
beschwerte. Das Innere wurde durch eine Wand in einen größeren
Raum mit dem gemauerten Ofen und in einen kleineren für die Betten
geteilt. Die winzigen vergitterten Fenster mit der Aussicht auf die
nahe Landstraße muteten wie Gucklöcher in die ferne Welt
an. An der hinteren Hausfront zimmerte der Großvater Scheune und
Stall. Seine Arbeitsstelle lag tief in den böhmischen Wäldern,
wo er wochentags seiner Arbeit nachging und von wo er nur an den Wochenenden
zu seiner Familie gehen konnte.
Mein Vater, der das Häusl nach dem Ableben des Großvaters
übernahm, wollte es in seinem Sinne fortführen. Er hatte auch
eigene Pläne und nahm sich vor, es weiter auszubauen, denn er verdiente
gut als Zimmermann, auch im Nachbarland Böhmen. Aber eines Morgens
kam die Nachbarin außer Atem zur Mutter gelaufen und keuchte:
Bäurin, schau obi zum Wald! Dein Mann kimmt mit'm Wagen nit
vom Fleck. Meine Mutter fand meinen Vater tot neben dem Gefährt
liegend. Er war gerade zweiundvierzig Jahre alt.
Da stand die Mutter nun mit fünf kleinen Kindern da, die es zu
versorgen und zu ernähren galt, und mit der Schuldenlast des Hausausbaus
dazu. Im Stall standen drei Kühe, die eilig von den Gläubigern
geholt wurden; die Wiese, ein Pachtgrund, fiel zurück an den Besitzer.
Die beiden Buben kamen zu fremden Menschen, der eine als angehender
Pferdeknecht zu einem Bauern, der andere als Lehrling zu einem Schuster.
Zwei Mädchen wurden von ihren Paten abgeholt. Das älteste
der Geschwister kam auf dem Pfarrhof unter, wo es im Haus und beim Vieh
mithalf. Über Vaters große Pläne, das kleine Anwesen
nach und nach weiter auszubauen, hatte das Schicksal sein Veto gesprochen.
Das dafür bestimmte Baumaterial wurde von den Lieferanten abgeholt.
Ich, die Kathl, das jüngste unter den Kindern, kam also zu meinem
Paten ...
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